Donnerstag, 1. August 2013

Heimreise Tag 19: Birka



Birka, gegründet 790 n. Chr., gilt gemeinhin als die erste Stadt Schwedens in der Zeit der Wikinger, als so etwas wie Städte einfach noch nicht existierten.
Nicht nur war Birka die erste Stadt, nein, es war auch die erste geplante Stadt. Der damalige Wikingerkönig ließ Birka auf Björkö errichten, da die Insel strategisch günstig in der Mitte des Mälaren liegt, genau dort wo all die Handelsrouten vorbeiführten. Auf der Nachbarinsel Adelsön ließ er hingegen seinen Wohnsitz und eine große Halle errichten. Beide Orte gehören heute zum UNESCO Weltkulturerbe, weil sie außergewöhnliche Ausgrabungsstätten sind.  Aber was macht diese beiden Inseln so besonders? Es sind nicht die Grabstätten, die Runensteine oder generell die Siedlungsüberreste, denn all diese sind fast schon gewöhnlich und werden ständig irgendwo in Schweden gefunden. Nein, Birka wurde um 1000 aus ungeklärten Gründen aufgegeben und alles, was man heute dort ausgaben kann, sind reine Wikingerfunde ohne christliche Einflüsse, die die Blütezeit der Wikinger gut darstellen. Weiters ist dieser Ort sehr wichtig, weil dort viele Handelsrouten in den Osten (Baltisches Meer und Russland), Westen (Britischen Inseln, Island, Grönland, Amerika) und Süden (Frankreich, Mittelmeer) zusammenkamen. 

So, das reicht fürs erste einmal: Los gings an diesem Morgen um 9:30 an der Stadshusetbron und wir hatten noch etwas Stress das Boot rechtzeitig zu erwischen. Wieso an diesem Tag auch genau Samstag sein musste, wo die Öffis ja nicht so oft fahren...


Nach ca. 2 Stunden kamen wir dann auf Birka an. Bis zu einer englischen Guided Tour dauerte es noch etwas, also gingen wir vorher einmal eine Kleinigkeit im Restaurant essen.


Unsere Gruppe bei der Tour war dann übrigens etwas größer und ich bin mir nicht sicher ob überhaupt alle etwas gehört haben. Was unsere Archäologin zu erzählen hatte war sehr interessant: Das Bild, was die Mehrheit aller Leute über die Wikinger hat, ist eigentlich kompletter Blödsinn. Nicht nur hatten sie keine Helme mit Hörner, was in einem Kampf auch furchtbar unpraktisch wäre, das gesamte Kriegerbild stimmt halt einfach nicht. Ja, es hat Krieger gegeben, diese sind auch manchmal plündern gegangen, aber das passierte nicht sehr oft. Außerdem haben die Wikinger praktisch keine schriftlichen Aufzeichnungen (Runensteine gelten nämlich nicht wirklich) und alle Plünder- und Barbarengeschichten sind eigentlich von den Opfern dokumentiert worden. Nein, die Wikinger waren viel mehr: Sie waren zum Großteil ein Handelsvolk, das viel mit den Schiffen herumgekommen ist um Handel zu betreiben. Weiters war nur ein kleiner Bruchteil aller Männer wirklich Krieger; der Großteil waren, wie überall anders auch, Bauern, Handwerker,... Wichtig ist auch, dass die Wikinger ein sehr reinliches und gepflegtes Volk waren. Ein ganz normaler Beruf war Kammhersteller und dementsprechend viele Kämme sind ja schon gefunden worden. Auch haben die Frauen eine komplett andere Stellung als die Frauen später im Mittelalter. Wenn der Mann nicht fähig war die Frau zufriedenzustellen im Sinne von der Mann arbeitete nicht genug oder war einfach unnütz, dann konnte die Frau ohne Probleme auch eine Scheidung einreichen. Generell hatten Frauen eine sehr wichtige Stellung, weil sie alle Schlüssel zu den Häusern besaßen. 
Ein weiteres komplettes Fehlwissen sind die pompösen Wasserbestattungen: Wenn ein Wikingerkönig stirbt, dann wird er aufgebahrt auf einem Schiff mit vielen Grabbeigaben. Sklaven und Tiere werden geopfert und dann, wenn das Schiff ausläuft, dann kommt einer seiner ergebensten Freunde und schießt einen brennenden Pfeil auf das dahingleitende Schiff, das daraufhin in Flammen aufgeht. So oder so ähnlich stellen sich die meisten Leute eine königliche Bestattung vor, was absoluter Blödsinn ist. Zum Einen musste man kein König sein um  in einem Schiff bestattet zu werden, zum Anderen wurden eher Boote verwendet und die Bestattungen selbst fanden an Land statt. Aber häufiger waren sowieso Grabhügel oder die schiffsförmigen Steinsetzungen, die wir ja auch schon bei Västerås gesehen haben. Die Opfergaben sind aber im Grunde wahr, nur, dass die Opfer freiwillig gestorben sind. Naja, die Tiere wohl eher nicht. Auch dass die Wikingerleichen verbrannt wurden ist wahr, erst später nach der Christianisierung änderte sich das und man vergrub die Verstorbenen unverbrannt.

Auf dem Bild unten sieht man neben unserer kleinen Gruppe übrigens den See und dort unten an der Küste war auch irgendwo der Hafen. Auf dem Hügel ist auch ein Kreuz zu sehen, das zu Ehren eines Königs errichtet worden ist, der generell als erster getauft wurde, aber trotzdem irgendwann wieder zu den alten Göttern zurückgewechselt hat. D.h. er war nicht derjenige, der das Christentum durchgesetzt hat, das war 200 Jahre später Olof Eiriksson. 


Auf den Inseln sind, zumindest bis jetzt, ca. 3000 Grabstätten gefunden worden. Die Meisten davon waren einfache Grabhügel mit ein paar Grabbeigaben, aber auch ein paar Bootsgräber (in den Grabhügeln) wurden gefunden. Was jedoch nicht zusammenpasst ist die Anzahl dieser Gräber und die eigentliche Größe Birkas. Zu den besten Zeiten lebten dort fast 1000 Menschen, aber es sind einfach nicht genug Gräber für eine Stadt dieser Dimension. Eines der Rätsel, das noch immer gelöst werden muss. 

Grabhügel

Archäologen graben ja nicht nur aus, sondern lernen oft mehr bei dem Bau von Rekonstruktionen. Ein paar der Häuser wurden z.B. nachgebaut und diese werden auch wieder wie die Freilichtmuseen im Rest von Skandinavien verwenden: Begehen, beobachten und staunen. 





Es gibt dort auch noch ein kleines Museum, was aber nicht recht spektakulär ist, weil es hauptsächlich für Kinder ausgelegt ist. Es werden dort auch keine Originalstücke ausgestellt, weil die alle im historischen Museum in Stockholm zu finden sind. Aber ein paar Replica sind ausgestellt.

Model von Birka im Winter mit dem zugefrorenen See.

Model der Sammelhalle des Königs


Das Spiel  Hnefatafl.

Skärgård Mälaren



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