Sonntag, 11. August 2013

Heimreise Tag 23: Lund

Hauptgebäude der Universität umgeben vom Lundagård

Lund, gegründet 990 n. Ch.,  gilt neben Sigtuna, gegründet 980 n. Chr., als die älteste, noch existierende Stadt Schwedens. Sie gewann stark an Bedeutung als 1060 der Bischofssitz dorthin verlegt, 1085 die noch immer existierende Katedralskolan (dt: Kathedralschule) gegründet, 1103 der Dom zu Lund errichtet und 1666 die Universität gegründet wurde, die heute noch immer zu den Bedeutendsten weltweit gehört.



Nach einer Nacht mit Pay-TV in einem Superiorzimmer des Scandic Lund machten wir uns voller Energie auf in Zentrum. Bei unserer Anreise haben wir schon gemerkt, dass Lund noch immer einen schönen alten Stadtkern besitzt, den wir dann auch gleich aufsuchten. Die Innenstadt ist von Fachwerks- und Backsteinhäusern geprägt, genauso wie von Kopfsteinpflaster. Der Kontrast zu den alten Häusern sind dann die Leute, denn hier wimmelt es nur so von jungen Leuten. Das verwundert aber auch nicht, wenn ca. ein Drittel der Einwohner Studenten sind. 



Und dann sieht man ihn auch schon: den Dom zu Lund. Der Dom wurde 1085 errichtet und sieht heute auch wieder so aus wie damals, bzw. die Fassade tut es zumindest. Mit der Zeit wurde die Fassade natürlich wieder einmal modernisiert, aber im 19. Jhd. wurde diese Modernisierungen wieder rückgängig gemacht. Im Zuge dieser Zurück-zum-Ursprung-Renovierung wurden auch beide Türme komplett auseinander genommen und neu gebaut, was man ihnen aber absolut nicht ansieht. Das einzige, was nicht Mittelalter-getreu ist, ist das Dach, da man zur damaligen Zeit noch keine so großen Steingewölbe bauen konnte. Als das Dach jedoch irgendwann bei einem Brand zerstört wurde, wurde dieses im gotischen Stil aus Stein errichtet.



Wer schon so manche Dome gesehen hat, weiß, dass man immer prunkvolle und pompöse Gebäude erwarten darf. Aber nicht so in Lund. Der Dom zu Lund war natürlich wie jede andere katholische Kirche  (natürlich wurde aber auch dieser Dom Dank der Reformation Evangelisch) einmal mit schmuckvollen Wandmalereien verziert, aber irgendwann wurden diese zu alt und vielen von der Decke - wortwörtlich. Es gab sogar Warnungen in der lokalen Zeitung, dass der Dom lebensgefährlich geworden ist, weil einem sprichwörtlich Teile der Decke auf den Kopf fallen konnten. Die Wandbemalungen wurden also entfernt und man plante auch schon neue anbringen zu lassen, aber die Schlichtheit der kahlen Wände gefiel den Leuten so gut, dass man die Wände danach einfach unverkleidet ließ. 


Der Chorraum wurde früher immer als heiligster Teil einer Kirche angesehen. Und weil er so heilig war, durften auch nur Priester diesen Bereich der Kirche sehen. Deswegen gab es im Mittelalter dort keine Treppe sondern eine Wand, damit die normalen Menschen diesen all zu heiligen Ort nicht mit nur einem Blick verunreinigen konnten. Im Zuge der Renovierungen wurde diese Wand aber dann eingerissen. Das Volk hat während der Messe aber nicht einfach gegen eine kahle Wand gestarrt; davor stand zumindest ein Altar. 

Blick von der Kanzel: Chorraum



Links vom Chorraum befindet sich die Taufkapelle, welche einmal  die persönliche Kapelle des Erzbischofs war. Hier kann man auch Gebete in einem Buch niederschreiben, die man mit anderen teilen will oder einfach eine Kerze anzünden.




Das Mosaik in der Apsis des Chorraums entstand 1920 und stellt die Wiederkehr Christi dar. Man darf übrigens die Dimensionen dieses Mosaiks nicht unterschätzen: Jesus ist ca. 6m hoch. Das Chorgestühl hingegen stammt aus dem 14. Jhd., genauso wie der Hochaltar. Die Bronzestatue im Zentrum zeigt den Heiligen Laurentius, dem der Dom 1145 geweiht wurde.  



Die Kapelle des siebenarmigen Leuchters liegt rechts neben der Apsis.




Im Dom erkennt man an vielen Stellen, dass die Universität und die Kirche in Lund sehr stark miteinander verwoben sind. Das ging sogar so weit, dass bevor die Uni überhaupt gegründet und das Hauptgebäude erbaut war, Vorlesungen der zuvor schon existierenden Hochschule im Dom abgehalten wurden. Während des Baus der Universität gilt dasselbe für Universitätsvorlesungen.
Ein Aspekt, wo man diese Beziehung sehr gut sieht ist die astronomische Uhr, welche vermutlich im 15. Jhd erbaut wurde. Sie besteht aus verschiedenen Teilen: Zum einen ist da die 24-Stunden-Uhr, die nicht nur die Uhrzeit anzeigt, sondern auch die Mondphasen und die Position am Himmel. Die untere Uhr ist nicht wirklich eine Uhr, sondern eher ein Kalender. Sie zeigt den Tag an und die Tierkreiszeichen. Ganz oben sind zwei Ritter, die den ewigen Kampf zwischen Tag und Nacht symbolisieren. Zu jeder vollen Stunden schlagen sie ihre Schwerter zusammen - für jede Stunde einmal. Zweimal täglich spielt die Uhr auch. Dann heben die zwei Hornbläser ihre Hörner und Musik aus einer Spieluhr im Inneren erklingt. Weiters öffnet sich eine Tür und die drei Könige kommen hervor um das Jesuskind zu begrüßen. 



Model: Dom von vorne

Model: Dom von hinten

Die Krypta war zur Abwechslung einmal etwas besonderes, vor allem, weil es sie ja nicht ganz so oft gibt. Ihre 41 Gewölbe werden von zahlreichen Säulen getragen, die fast alle unterschiedlich ausschauen. Etwas an Flair hat sie aber verloren, weil dort auch eine Ausstellung zugänglich war. 
Im Grunde hat sich die Krypta seit 1123 nicht mehr verändert. In diesem Jahr wurde der älteste Altar auf der Ostseite der Krypta eingeweiht, welche sich gerade gegenüber des Sarkophags des letzten in Lund katholischen geweihten Erzbischofs, Birger Gunnarson, befindet. Da es natürlich erstrebenswert war möglichst östlich begraben zu sein, hat Gunnarson beim Bau seines Sarkophags den Altar verschieben lassen. Eine weitere Änderung, die für das Aussehen der Krypta aber keine Bedeutung hat, war die Umsiedlung aller Begrabenen. Irgendwann hatte der Dom ernsthafte Wasserprobleme und die Krypta stand komplett unter Wasser. Das Wasserproblem wurde zwar gelöst, aber danach mussten aus hygienischen Gründen alle Leichen draußen begraben werden. Die Krypta ist also eine Krypta von Grabsteinen.


Sarkophag Birger Gunnarsons




Der älteste Altar.

Interessant sind zwei Säulen in der Krypta, an denen jeweils eine Figur "hängt". Die bekanntere Figur ist Finn, der Riese, die unbekanntere seine Frau - zumindest der Legende nach. Der Legende nach bat ein Riese dem Erbauer des Doms seine Hilfe an; im Gegensatz wollte der Riese natürlich auch eine Bezahlung und zwar die Augen des Erbauers, wenn dieser nicht vorher seinen Namen erraten kann. Der Erbauer stimmte dem Deal zu und los gings. Der Erbauer ratete drauf los, aber nie passte der Namen und das, obwohl er wirklich alles ausprobierte. Und dann, als der Dom schon fast fertiggestellt wurde, bekam der Erbauer Panik und er wanderte durch die Felder. Dort hörte er dann ein Lied: "Schlaf ruhig, mein Kind! Morgen kommt Finn, dein Vater, und gibt dir des Dombauers Augen zum Spielen!" Es war die Frau des Riesen, die dem Kind ein Schlaflied vorsang. Der Erbauer eilte also zurück zum Dom und gerade bevor der Riese den letzten Stein setzte rief der Erbauer "Finn". Der Riese war sich so sicher, dass der Erbauer seinen Namen nie erraten würde, dass er richtig zornig wurde und den soeben fertiggestellten Dom wieder zerstören wollte. Und gerade als er sich an einer der Säulen zu schaffen machte, ging die Sonne auf, die Lichtstrahlen trafen auf den Riesen, der zu schrumpfen begann und an der Säule versteinert zurückblieb. 
Die Legende ist zwar nett, aber in Wirklichkeit vermutet man, dass es sich dabei um den biblischen Simon handeln könnte. Interessant ist aber, dass der Kleidungsstil und der gespaltene Bart sehr nach der Wikingerzeit aussieht.

Finn, der Riese

In der Krypta findet man außerdem einen Brunnen, der vom Steinmetz Adam von Düren erschaffen wurde. Seitlich befinden sich satirische Bilder mit plattdeutschen Texten.

Brunnen


Grabsteine gibt es natürlich auch.

So, das war dann wohl genug Dom für den Anfang. Also raus in das schöne Wetter, ein letzter Blick zurück und schon gings auch weiter auf einen kleinen Ausflug in die Stadt. 



Alte Apotheke

Rathaus


Und dann gings auch endlich zur Universität. Die hatte leider nicht ganz so lange Öffnungszeiten wie der Dom und wir mussten soo lange warten. Wenn man vom Dom zum Hauptgebäude geht, dann durchquert man den Lundegård, die wohl zentralste Parkanlage Lunds.


Die Universität selbst ist verglichen zu ihrer Geschichte fast noch jung. Seit 1425 gibt es in Lund eine Art Hochschule, die erst 1666 zur Universität umgewandelt wurde. Damit ist die Lund Universität die Zweitälteste in Schweden. Ursprünglich konnte man dort auch nur Theologie, Jus, Medizin und Philosophie studieren; d.h. alles, was die Lund Universität heute so begehrenswert macht, kam alles viel später.

Hauptgebäude (Seitenansicht)

Das Kungshuset (dt: Königshaus) oder Lundagårdshuset war ursprünglich des Königs Haus, so wie der Name schon vermuten lässt, es war aber auch 200 Jahre lang das Hauptgebäude der Universität. Die Hälfte dieser Zeit war es sogar das einzige Universitätsgebäude und bis 1907 war auch die Unibibliothek hier untergebracht. 


Kungshuset

Zurück zum heutigen Hauptgebäude: Erbaut wurde es zwischen 1878-1882 und spiegelt die klassizistisch inspirierte Architektur des 19. Jhds gut wieder. Wir waren natürlich auch drinnen, aber dazu später. Heute wird es nur noch für administrative und zeremonielle Zwecke verwendet, früher waren fast alle Vorlesungen hier.

Hauptgebäude (Halbfrontansicht)...

Die Treppe hoch...

... und *Trommelwirbel* da ist sie auch schon, die Uni Lund und der Lundagård. Das Wetter macht das Hauptgebäude auch nicht weniger spektakulär!


Der Lundagård ist übrigens ein wirklich schöner Park mit vielen richtig alten Bäumen, Büsten von bekannten Leuten und natürlich gibt es auch Runensteine. Im Gegensatz zu Uppsala sind sie hier aber fast wie um einen Grabhügel angeordnet.


Esaias Tegner, Lyriker

Otto Lindblad, Komponist

Und jetzt, da wir Außen ja schon alles kennen, mussten wir natürlich auch in das Hauptgebäude und da hat uns das Atrium schon von den Socken geblasen.


Vom Atrium aus war auch ein Besprechungsraum zugänglich und ganz ehrlich, der kann schon was.


Dann gings wieder raus ins Atrium und weiter Richtung Versammlungshalle. 




Inschrift über Versammlungshalle: Ohne die Musen, nichts erreicht.

Die Versammlungshalle war dann wirklich richtig eindrucksvoll und vor allem riesig. Am Boden musste man halt Slalom laufen, weil ein paar Fliesen ausgewechselt wurden. 




Da gibt es sogar Platz für ein Orchester.

Als Redner muss das schon einschüchtern.

Danach gings weiter auf die obere Etage des Atriums. Noch immer eindrucksvoll. Vor allem hat man von hier eine schöne Aussicht auf den Lundagård.


Lundagård vom Atrium aus.


Und dann gings auch gleich weiter in den Pelarsalen, den von Säulen getragenen Saal. Ursprünglich wurde dieser Raum als Museum designt, wird heute aber hauptsächlich nur noch für Empfänge benutzt.





Also ganz ehrlich, die JKU wird dagegen wieder richtig blass aussehen. Und das Schlimmste: Es geht noch weiter! Wir haben uns dann noch auf den Weg zur Unibibliothek gemacht und sind da dann gleich bei ein paar sehr interessanten Gebäuden vorbeigekommen: einem Studentenheim und der alten "Kirurgisk Klinik".

Alte Kirurgisk Klinik

Studentenheim

Irgendein Durchgang bei irgendeinem Haus.

Und da ist sie ja auch schon, die Universitätsbibliothek und wieder umgeben vom Grünen. Das ist wirklich ein schönes Motto in Lund. Bei den Öffnungszeiten hatten wir wieder massig Glück: An Mittwochen (Onsdag) haben sie länger offen.





Drinnen ist es dann beeindruckend weitergegangen und eine Ausstellung hat es auch gleich gegeben. Im Gegensatz zu Uppsala war diese auch noch gratis. Die Ausstellung besteht unter anderem aus einem Runenstein, der so hoch war, dass man nicht einmal alles sehen hat können. 





Hier hat jemand etwas über den Neuen Markt in Wien geschrieben und auch gleich ein nettes Bildchen gemalt.






Alice im Wunderland: Da ist sogar der Druck verrückt.

In der eigentlichen Bibliothek gab es danach auch immer wieder einzelne Ausstellungsstücke, was zwischen den ganzen Büchern dann doch recht amüsant ist. Zum Beispiel einen Zeitung lesenden Elefanten. Das Interessanteste war dann aber noch der Lesesaal. Also von sowas kann die JKU nur träumen...




Lesesaal
Nach diesem höchst gelungenen Tag gings dann auch gleich weiter nach Göteborg, unserem letzten Ziel. 

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